18. April 2024

Lösungen: Nachhaltiger Tourismus endlich wieder ein Thema

Die Welt ist vernetzter geworden, es gibt kaum noch ansprechende Flecken, an denen man keinen Touristen begegnet. Dies eröffnet einerseits Einkommensmöglichkeiten für ärmere Regionen, andererseits werden aber genau die Naturschönheiten und lokalen Ressourcen, die für den Tourismus vermarktet werden, von diesem bedroht.

Lösungen für nachhaltigen Tourismus immer dringender

Wer ein abgelegenes Kleinod besucht, mit einem herzlichen Lächeln empfangen wird, lokale Köstlichkeiten probiert oder eine historische Stätte besucht, bleibt wahrscheinlich nicht allein. Jeder kann aber dazu beitragen, dass landschaftliche Schönheit, unverfälschte lokale Gepflogenheiten und die Würde der Einheimischen geschützt werden. Wenn wir Müll in einer einstmals unberührten Lagune schwimmen sehen oder eine ehemals wunderschöne Naturlandschaft mit Beton zugepflastert vorfinden, wird uns bewusst, wie sensibel das natürliche Gleichgewicht auf Tourismus regiert. In Folge von Massentourismus verlieren Reiseziele nicht nur ihre Schönheit und Anziehungskraft, sondern in weiterer Folge die Bewohner auch ihre Einkommensquelle.

Tourismus wird niemals vollständig nachhaltig sein, aber er kann versuchen, nachhaltiger zu werden. Je mehr Regionen und Länder sich für den Tourismus öffnen, desto größer sind die Auswirkungen auf natürliche Ressourcen, Konsummuster, Umweltverschmutzung und soziale Systeme. Die Notwendigkeit einer nachhaltigen und verantwortungsbewussten Planung und Verwaltung ist für das Überleben der Branche als Ganzes unerlässlich. Es ist unmöglich, sämtliche Auswirkungen des Ausmaßes unserer heutigen Reisetätigkeit festzuhalten. Hier nur einige Beispiele:

  • Obwohl das Bellagio Hotel in Las Vegas sein Wasser recycelt, verbraucht es in einer wasserarmen Region immer noch 12 Millionen Liter Wasser pro Jahr.
  • Ein Dorf mit 700 Einwohnern in einem Entwicklungsland verbraucht durchschnittlich 500 Liter Wasser pro Monat. Ein Hotelgast in einem Luxushotel verbraucht im Schnitt 1800 Liter Wasser pro Person und Nacht.
  • 72% der CO2-Emissionen des Tourismus stammen aus dem Verkehr, 24% aus Unterkünften und 4% aus lokalen Aktivitäten. Der Luftverkehr ist für 40% der CO2-Emissionen des gesamten Tourismus verantwortlich.
  • Ein Kreuzfahrtschiff stößt pro Tag so viel CO2 aus wie beinahe 84.000 Autos und so viel Feinstaub wie über eine Million Autos. Kreuzfahrtschiffe fahren mehrheitlich mit giftigem Schweröl und verbrauchen während der Zeit, wo sie im Hafen liegen so viel Energie wie eine Kleinstadt.
  • Schätzungen gehen davon aus, dass bis 2050 der Tourismus für 40% der globalen Kohlenstoffemissionen verantwortlich zeichnen wird. Die Hauptursache dafür ist eine Zunahme der durchschnittlichen Reisestrecke, die seit vielen Jahren schneller zunimmt als die Anzahl der Reisen.
  • Das meiste Geld aus dem Massentourismus fließt in transnationale Unternehmen, anstatt dem Urlaubsland zugute zu kommen. Bei Kreuzfahrten verbleibt der überwiegende Teil der Einnahmen bei den großen Redereien. Essen und Schlafen findet an Bord statt, der Großteil der touristischen Aktivitäten an Land wird von der Kreuzfahrtgesellschaft direkt verkauft.
  • Tourismus kann Wertesysteme und Verhaltensweisen verändern und dadurch die ureigene Identität von Bevölkerungsgruppen bedrohen.
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Dudarev Mikhail/shutterstock.com

Was versteht man unter nachhaltigem Tourismus?

Die Welttourismusorganisation definiert nachhaltigen Tourismus als Reisen, das seine gegenwärtigen und zukünftigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen in vollem Umfang berücksichtigt und auf die Bedürfnisse von Besuchern, Industrie, Umwelt und Gastgeberland eingeht. Nachhaltiger Tourismus verfolgt im Wesentlichen folgende Ziele:

  • Sicherung der Lebensfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Tourismusdestinationen und -unternehmen, damit diese weiterhin prosperieren und langfristig Nutzen bringen können.
  • Maximierung des Beitrags des Tourismus zum wirtschaftlichen Wohlstand der Gastdestination, einschließlich des Anteils der Besucherausgaben, der vor Ort verbleibt.
  • Stärkung der Anzahl und Qualität der vom Tourismus geschaffenen und unterstützten Arbeitsplätze vor Ort, einschließlich der Höhe des Entgelts, der Arbeitsbedingungen und der Verfügbarkeit für alle ohne Diskriminierung nach Geschlecht, Rasse, Behinderung oder auf andere Weise.
  • Streben nach einer breiten und gerechten Verteilung der wirtschaftlichen und sozialen Vorteile des Tourismus in der Empfängergemeinschaft, einschließlich der Verbesserung von Chancen, Einkommen und Dienstleistungen für die Armen.
  • Erhaltung und Stärkung der Lebensqualität in den lokalen Gemeinschaften, einschließlich der sozialen Strukturen und des Zugangs zu Ressourcen, Annehmlichkeiten und lebenserhaltenden Systemen, unter Vermeidung jeglicher Form von sozialer Verschlechterung oder Ausbeutung.
  • Respektierung und Förderung des historischen Erbes, der authentischen Kultur, der Traditionen und der Besonderheit des Gastgeberlandes.
  • Vermeidung von Beeinträchtigungen der Umwelt sowie Unterstützung des Schutzes natürlicher Gebiete, Lebensräume und wildlebender Tiere und Minimierung von Schäden an ihnen.
  • Minimierung des Einsatzes knapper und nicht erneuerbarer Ressourcen für die Entwicklung und den Betrieb touristischer Einrichtungen und Dienstleistungen.
  • Minimierung der Verschmutzung von Luft, Wasser und Land sowie der Abfallerzeugung durch Tourismusunternehmen und Besucher.

Was kann jeder von uns beitragen?

  • Tourismusalternativen

Wer in der Nebensaison reist, entlastet überlaufene Touristenziele. Es lohnt sich auch zu überlegen, ob klassisch touristische Gegenden wirklich die besten Orte sind, die es zu sehen gibt. Sind sie nur deshalb beliebt, weil der Tagestourist sie bequem besuchen kann, oder sind sie wirklich einen Besuch wert? Nachhaltige Programme unterstützen nicht nur die Hotspots, sondern auch Ziele abseits der touristischen Trampelpfade und die einfachen Leute in der Region.

  • Reduktion des CO2-Fußabdrucks

Ein wichtiger Aspekt ist die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Fluggesellschaften bieten die Möglichkeit, CO2-Emissionen auszugleichen. Direktflüge haben eine bessere CO2-Bilanz als Flüge mit Zwischenstopps, da beim Starten und Landen die meisten Emissionen entstehen. Wenn kann, sollte auf alternative Verkehrsmittel, wie Bahn oder Bus, umsteigen. Auch ein Auto verursacht im Schnitt mit 86 Gramm CO2 pro Kilometer weniger Emission als ein Flugzeug mit durchschnittlich 146 Gramm CO2 pro Kilometer. Aber nicht nur bei der Anreise, sondern auch bei der Fortbewegung vor Ort kann man einiges tun, um seine CO2-Bilanz zu verbessern.

Wer statt dem Mietwagen auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad setzt tut nicht nur der Umwelt Gutes, sondern bekommt auch einen intensiveren Eindruck von Land und Leuten. Wer allerdings wirklich nachhaltig sein will, verzichtet auf Fernreisen und setzt auf nahe Reiseziele.

  • Nachhaltige Unterkünfte

Das Hotel bietet ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten, die Reise nachhaltiger zu gestalten. Bio-Hotels gehen sparsam mit Ressourcen um und servieren vorrangig regionale Bio-Küche. Spezielle Grüne Hotels weisen eine Null-Energie-Bilanz auf und schaffen es beispielsweise durch Solarenergie sowie den Verzicht auf große Energiefresser, genauso viel Energie zu produzieren, wie sie verbrauchen.

  • Bewusstes Verhalten

Achten Sie auf Recyclingmöglichkeiten und darauf, dass Bettwäsche und Handtücher nicht täglich gewechselt werden. Schalten Sie Klimaanlagen und elektronische Geräte aus, wenn Sie ausgehen und gehen Sie sparsam mit Wasser um. Auch das bewusste Einkaufen am Urlaubsort von Bio-Produkten aus der Region oder auf Bauernmärkten reduziert den ökologischen Fußabdruck. Korallen in Ruhe zu lassen und keinen Müll zu hinterlassen sollte für jeden selbstverständlich sein. Zu bewusstem Verhalten gehört auch, lokale Gepflogenheiten zu respektieren und sich in Kirchen, Moscheen oder Tempeln diskret zu verhalten, Schweigegebote zu beachten und angemessene Kleidung zu tragen.

  • Nein zu illegalem Handel

Wer bei lokalen Unternehmen kauft, verteilt Geld in der lokalen Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung. Meiden Sie Unternehmen, die illegalen Handel betreiben, Menschen ausbeuten und Artefakte plündern. Eines der illegalen Geschäfte in Südostasien ist beispielsweise Rosenholz. Holzfäller verwüsten für das, für Luxusartikel begehrte, Rosenholz die Wälder Kambodschas.

  • Unterstützung nachhaltiger Optionen in Inselgebieten

Küstenstädte und Inseln hängen oft von touristischen Einnahmen ab, weshalb in vielen Ländern der Welt immer mehr Inseln und Küstengebiete erschlossen werden. Um einem neuen Zustrom von Touristen gerecht zu werden, werden diese Orte mit asphaltierten Autobahnen, verschwenderischen Resorts, Villen am Meer, Spas, Hubschrauberlandeplätzen und Golfplätzen ausgestattet. Die Küstenwälder, die diese Inseln oft vor Taifunen und Bodenerosion schützen, werden aufgerissen, um Platz für die Entwicklung zu machen. Dies gilt auch für die Mangroven, die für die Ökosysteme vieler Inseln wichtig sind.

Spezialisierte Anbieter und Portale bieten Informationen zu nachhaltigerem Tourismus. Auch Öko-Siegel-Seiten bieten Anhaltspunkte für die Planung nachhaltiger Reisen. Leider ist nachhaltiger Tourismus bei vielen Anbietern noch mehr Werbeschlagwort als Realität.

Fazit: Zeitnahe Lösungen sind essentiell für die Zukunft

Tourismus ist eine bedeutende Quelle für Einkommen und Beschäftigung. Er ist jedoch ein sehr komplexer Wirtschaftszweig, an dem zahlreiche Interessengruppen beteiligt sind und der eine erhebliche Menge an Ressourcen erfordert. Nachhaltiger Tourismus kann zum Schutz der Umwelt beitragen und als Instrument zur Finanzierung von Naturschutzprojekten dienen. Er kann eine positive Rolle für die sozioökonomische, wirtschaftliche, ökologische und politische Entwicklung der Destination spielen und bedeutende Entwicklungschancen bieten. Andererseits bringt eine unkontrollierte Tourismusentwicklung schädlichen Auswirkungen wie Bodenerosion, Verschmutzung, Verlust von natürlichem Lebensraum oder Druck auf gefährdete Arten sowie soziale Systeme mit sich.

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