27. Juli 2024

Rizinuscocktail: Wenn die Wehen auf sich warten lassen

Jede Schwangere fiebert der Geburt entgegen. Überschreitet sie den errechneten Geburtstermin, wächst die Ungeduld mit jedem Tag. Auf ihrer Suche nach wehenfördernden Mitteln stolpern Schwangere häufig über den Rizinuscocktail. Was genau sich dahinter verbirgt, wie und wann er angewendet wird sowie welche Risiken durch den Cocktail entstehen können, wird im Folgenden erklärt.

Rizinuscocktail: Was ist das eigentlich?

Ein Wehencocktail ist eine natürliche Maßnahme zur Einleitung der Geburt. Darin enthalten sind Stoffe, die wehenanregend wirken. In der Regel setzen Krankenhäuser lieber auf andere Methoden, um die Geburt zu fördern. Eine Infusion mit dem Hormon Oxytocin führt sehr zuverlässig zu Wehen. Auch vaginal angewendete Tabletten oder Gels gibt es. Ob der Rizinuscocktail in ihrem Krankenhaus genutzt wird, erfragt die Schwangere am besten im Voraus.

Wann wird der Rizinuscocktail eingesetzt?

Idealerweise erfolgt der Einsatz eines Wehencocktails nur unter ärztlicher Aufsicht. Von der Einnahme zu Hause wird dringend abgeraten, da der Cocktail die Geburt sehr schnell in Gang setzen kann. So könnte es dazu kommen, dass die Frau von heftigen Wehen überrascht wird und den Weg ins Krankenhaus nicht mehr schafft. Außerdem sollte die Geburt nur dann eingeleitet werden, wenn das Baby bereit ist. In der Regel leiten Ärzte daher erst ein, wenn der errechnete Geburtstermin um etwa zehn Tage überschritten ist. Dann kann man davon ausgehen, dass das Baby reif ist und der Rizinuscocktail tatsächlich anschlägt.

Zusätzlich können Ärzte anhand des Muttermundes ertasten, wie weit die Geburt noch entfernt liegt. Ist er fest geschlossen, wird auch ein Rizinuscocktail voraussichtlich nicht zur Geburt führen. Ist er hingegen fingerdurchlässig oder sogar schon leicht geöffnet, reicht der Cocktail womöglich aus.

Inhaltsstoffe im Überblick

Grob besteht ein Rizinuscocktail aus drei Zutaten: Rizinusöl, Saft und Alkohol. Der Saft soll den unangenehmen Geschmack des Öls überdecken. Außerdem versorgt er die Mutter mit Mineralien und Vitaminen. Alkohol wird benötigt, da Rizinusöl sich ansonsten nicht auflöst.
Auf einen halben Liter Fruchtsaft (Aprikose, Ananas, Multivitamin, etc.) kommen etwa zwei Esslöffel Rizinusöl. Verwendet man Schnaps für den Alkoholanteil, reicht ein normales Schnapsglas aus. Das alles wird mit zusätzlich etwa 200 ml Wasser vermischt und von der Schwangeren binnen 30 Minuten ausgetrunken.

Es gibt außerdem Rezepte ohne Alkohol und mit ätherischen Ölen. Beispielsweise wird dabei Eisenkraut verwendet. Diese Heilpflanze wirkt harntreibend, verdauungs- sowie wehenfördernd. Wenige Tropfen sind bereits ausreichend. Lässt man den Alkohol weg, muss man stärker darauf achten, dass alles gut vermischt ist. Auch die alkoholfreie Variante sollte innerhalb von 30 Minuten getrunken werden, da das Rizinusöl ansonsten nicht richtig wirken kann.

Wie wirkt der Rizinuscocktail?

Rizinusöl wirkt abführend. Das Öl in dem Cocktail regt den Darm an und sorgt dafür, dass die Muskulatur vermehrt arbeitet. Das erreicht es durch die in ihm enthaltene Rizinolsäure. Diese Säure sorgt dafür, dass der Darm dem Stuhl kein Wasser mehr entzieht. Außerdem hemmt sie Enzyme, die normalerweise dafür zuständig sind, dass der Darm sich entspannt. Ohne diese Enzyme arbeitet er demnach viel stärker und leitet die verdaute Nahrung schneller durch den Körper. Die dabei entstehenden Darmkrämpfe wirken auch auf die Gebärmutter. Wirkt der Cocktail korrekt, setzen auf diese Weise langsam Wehen ein.

Rizinusöl
Alexander Ruiz Acevedo/shutterstock.com

Zwischen zwei und sechs Stunden nach der Einnahme sind erste Wehen zu erwarten. Der abführende Effekt von Rizinusöl ist äußerst wirkungsvoll. Heftiger Durchfall ist daher zu erwarten. Das tatsächliche Ergebnis kann jedoch von Frau zu Frau deutlich schwanken, obwohl die abführende Wirkung wissenschaftlich bestätigt ist.

Ist die Einnahme ungefährlich?

Richtig dosiert und unter ärztlicher Aufsicht eingenommen, stellt der Rizinuscocktail eine Alternative zu anderen Methoden der Geburtseinleitung dar. Es ist allerdings auch möglich, dass er gar nicht wirkt. Ist das Baby noch nicht bereit, startet auch ein Rizinuscocktail die Geburt nicht. Auf der anderen Seite kann der Cocktail starke Nebenwirkungen haben. Manche Frauen reagieren mit Kreislaufbeschwerden und heftigem Erbrechen auf die Mischung aus Rizinusöl, Saft und Alkohol. Sogar eine Dehydrierung als Folge des Erbrechens ist möglich. Das Baby reagiert ebenfalls auf den Cocktail. Leidet die Mutter an starkem Erbrechen und Schwindel, steht das Kind unter Stress.

Kommt es dennoch zur Geburt, ist die Mutter durch den Cocktail womöglich stark geschwächt und kann nicht so mitarbeiten, wie es nötig wäre. Außerdem kann es zu einem sogenannten Wehensturm kommen. Das bedeutet, dass die Erholungsphasen, die normalerweise zwischen jeder Wehe existieren, wegfallen. Auf eine Wehe folgt sofort die nächste. Die Schwangere hat dadurch keine Pausen mehr, was sehr kräftezehrend ist. Darüber hinaus ist es möglich, dass das Rizinusöl auch beim ungeborenen Kind zu Darmkrämpfen führt.

Entleert das Kind noch vor der Geburt seinen Darm, besteht die Gefahr, dass es diesen ersten Stuhl, das Kindspech, einatmet. Der Stuhl verklebt die Lunge, was nach der Geburt die Atmung erschwert, und kann zu Infektionen führen. Er müsste nach der Geburt daher abgesaugt werden.

Mögliche Alternativen zum Rizinuscocktail

Neben dieser natürlichen Art, die Geburt auszulösen, gibt es noch weitere. Geschlechtsverkehr kann beispielsweise zu Wehen führen. Das im Sperma enthaltene Prostaglandin, ein Gewebshormon, wirkt wehenfördernd. Auch leichte Bewegung wie Spaziergänge oder Treppensteigen kann Wehen auslösen. Daneben kann eine Hebamme oder ein Arzt eine Eipollösung durchführen. Dabei wird die äußere Haut der Fruchtblase entfernt, was schmerzhaft sein kann, aber ebenfalls zur Ausschüttung von Prostaglandin führt.

All das wirkt jedoch nicht, wenn das Baby noch nicht bereit ist. Liegt der errechnete Geburtstermin über zehn Tage, bzw. bereits 14 Tage zurück, steigt die Gefahr, dass das Kind über die Plazenta nicht mehr ausreichend versorgt werden kann. In diesem Fall leiten Ärzte daher lieber mit Medikamenten ein, die eine berechenbare und zuverlässigere Wirkung als Rizinusöl haben.

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