10. Oktober 2024

Fibromyalgie: So beeinflussen Sexualhormone das Schmerzlevel

Fibromyalgie bezeichnet in der Medizin ein Schmerz-Syndrom. Es ist auf Muskel- und Faserebene angesiedelt und kann neben Muskelschmerzen in verschiedenen Bereichen des Körpers weitere physische und psychische Symptome und Beschwerden mit sich bringen.

Die Behandlungsansätze sind so unterschiedlich wie die Ausprägungen der Fibromyalgie selbst. Zu den eher experimentellen Therapieansätzen gehört die Behandlung mit CBD. Eine Experimentalstudie hat außerdem gezeigt, bei weiblichen Patienten auch die Sexualhormone Einfluss auf das Schmerzlevel bei chronischer Fibromyalgie haben können.

Fibromyalgie im Überblick

Fibromyalgie ist ein Schmerz-Syndrom, das vor allem mit chronischen Muskelschmerzen einhergeht, ohne dass für die Beschwerden eine Veränderung im Bereich der Muskeln und Gelenke erkennbar wäre. Eine Diagnose ist deshalb vor allem anhand von Schmerzfragebögen und einer Anamnese der auftretenden Symptome möglich, nachdem andere mögliche Ursachen ausgeschlossen wurden. Bei vielen Fällen ergibt sich ein charakteristisches Schmerzbild, für das nach eingehenden Untersuchungen kein anderer Auslöser diagnostiziert werden konnte.

Die Symptome, die eine Fibromyalgie begleiten können, sind sehr divers. Besonders typisch sind diffuse chronische Schmerzen im Bereich der Muskeln und Fasern. Hier treten. Die Beschwerden können im ganzen Körper auftreten und äußern sich auch in Schüben. Besonders häufig betroffen sind Bereiche der proximalen und distalen Muskulatur. Die auftretenden Schmerzen sind aber nicht die einzigen Symptome, die auf eine Fibromyalgie hindeuten können. Auch chronische Müdigkeit und Erschöpfung, das so genannte Fatigue-Syndrom und Schlafstörungen sind typisch. Einige Betroffene klagen auch über psychische Beschwerden wie Angststörungen und Depressionen, die insbesondere im Zusammenhang mit einem starken Schub der Erkrankung auftreten können.

Die häufigste Begleiterscheinung der Fibromyalgie, die aufgrund ihres diversen Beschwerdebildes auch als Fibromyalgie-Syndrom bezeichnet wird, sind diffuse Schmerzen, die von Betroffenen häufig als tiefe Muskelschmerzen in verschiedenen Körperbereichen beschrieben werden. Häufige Begleiterscheinungen der Schmerzen sind ein Schwere- oder Steifheitsgefühl in den betroffenen Muskelregionen sowie Kribbeln, Brennen und Taubheit. Die Beschwerden treten besonders häufig im Nacken und oberen Rücken auf und strahlen in mindestens eine weitere Körperregion aus, häufig in die Arme oder Beine. Im Zusammenhang mit einer Fibromyalgie wird häufig auch das so genannte Restless-Legs-Syndrom diagnostiziert. Seltener sind die Schmerzen auch im Kopf oder im Gesicht spürbar.

Fibromyalgie trifft vor allem Frauen

In Deutschland sind zwei von einhundert Menschen an Fibromyalgie erkrankt. Die chronische Erkrankung kann grundsätzlich jeden Menschen treffen. Besonders häufig sind die Patienten allerdings Frauen im mittleren Alter. Tatsächlich sind rund 80 Prozent der registrierten Fälle Frauen. Die genaue Ursache der chronischen Erkrankung ist bislang nicht bekannt. Es gibt lediglich verschiedene Ansätze zu Faktoren, die das Risiko einer Fibromyalgie erhöhen können. Dazu gehören Stress und Belastung im beruflichen und privaten Alltag und psychische Vorerkrankungen durch starke emotionale Belastungen. Auch ein Mangel an Bewegung und ungünstige gesundheitliche Voraussetzungen wie starkes Übergewicht, Rauchen oder starker Alkoholkonsum können die Ausbildung des Syndroms begünstigen.

Diese ungleichmäßige Verteilung unter weiblichen und männlichen Betroffenen hat Mediziner unter anderem dazu bewogen, einen möglichen Zusammenhang zwischen Fibromyalgie und Sexualhormonen in Erwägung zu ziehen und klinisch zu erforschen.

Der Einfluss der Sexualhormone auf das Schmerzlevel

Weltweit erkranken ungefähr sechs- bis siebenmal mehr Frauen als Männer an Fibromyalgie. In den meisten Fällen kann eine verlässliche Diagnose im mittleren Lebensalter gestellt werden. Erste Symptome können allerdings schon viel früher auftreten. Für Mediziner besonders interessant ist dabei die Tatsache, dass die Prävalenz für eine Erkrankung an Fibromyalgie vor dem Eintritt in die Pubertät zwischen weiblichen und männlichen Patienten weitgehend ausgeglichen ist. Erst mit der Pubertät steigt die Anzahl der erkrankten Frauen im Vergleich zu Männern unverhältnismäßig an. Dies lässt die Vermutung zu, dass den Sexualhormonen Testosteron und Progesteron in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung zukommt.

Eine Experimentalstudie hat sich eingehender mit der Thematik beschäftigt und herausgefunden, dass die Sexualhormone sich insbesondere auf das Schmerzlevel von Fibromyalgie-Patienten auswirken können. An der Studie nahmen 8 Frauen teil, bei denen eine Fibromyalgie eindeutig diagnostiziert worden war. Die Probandinnen waren im mittleren Lebensalter, nahmen keine hormonellen Verhütungsmittel ein und wiesen einen regelmäßigen Menstruationszyklus auf. Im Rahmen der Studie wurde den Teilnehmerinnen während eines Fibromyalgie-Schubes an 25 aufeinanderfolgenden Tagen venöses Blut entnommen, um den täglichen Serumspiel von Testosteron, Progesteron, Estradiol und Kortisol ermitteln zu können.

Parallel zur Blutuntersuchung führten die Probandinnen ein Schmerztagebuch, in dem sie an den 25 Studientagen die Intensität ihrer Schmerzen und eventuelle zusätzliche Symptome während ihres Fibromyalgie-Schubes festhielten. Für die Wissenschaftler lag der Fokus der Studie auf der Ermittlung einer Korrelation zwischen der Schmerzintensität und dem jeweiligen Hormonspiegel. Es zeigte sich, dass der Kortisol- und Estradiolspiegel sich unabhängig von einer Schmerzentwicklung veränderten. Anders war dies allerdings bei den Sexualhormonen Testosteron und Progesteron. Hier war bei allen acht Probandinnen eindeutig eine inverse Fluktuation von Schmerzintensität und Hormonspiegel von Tag zu Tag festzustellen.

Die Teilnehmerinnen berichteten durchgehend von einem niedrigen Schmerzlevel in der Mitte ihres Zyklus, während sich die Schmerzen um die Menstruation herum spürbar verstärkten. Das bedeutet: Je höher der Testosteron- und Progesteronspiegel, desto niedriger war das individuelle Schmerzempfinden angesiedelt, denn während der Menstruation ist die Konzentration der Sexualhormone besonders niedrig. Die Wissenschaftler führen dies unter anderem auf die schon früher gewonnene Erkenntnis zurück, dass sich Testosteron beispielsweise hemmend auf die peripheren Nozizeptoren und die zentrale nozizeptive Prozessierung auswirkt.

Das bedeutet, dass das Sexualhormon die Weiterleitung von starken Schmerzreizen hemmen kann und damit bestimmte Schmerzzustände lindernd beeinflusst. Die in der neuen Studie gewonnenen Erkenntnisse könnten nun einen neuen Weg in der Schmerzbehandlung für Fibromyalgie-Patientinnen aufzeigen.

Studie legt eine hormonbasierte Therapie nahe

Die durchgeführte Experimentalstudie legt die Vermutung nahe, dass insbesondere die Sexualhormone Einfluss auf das Schmerzlevel während eines Fibromyalgie-Schubes haben. Das bedeutet, dass in Zukunft neue Ansätze für eine Schmerztherapie entwickelt werden könnten, die auf der gezielten Gabe von Testosteron und Progesteron während bestimmter Phasen des Menstruationszyklus basieren können. Bislang greift die Experimentalstudie nur auf Erfahrungen von acht Probandinnen zurück, die einen regelmäßigen Zyklus ohne den Einfluss von hormonbasierten Kontrazeptiva hatten.

Um einer möglichst großen Gruppe von Betroffenen helfen zu können, müssen nun weitere aussagekräftige Studien mit unterschiedlichen Probandinnengruppen folgen, die auch unregelmäßige Zyklen und den hormonellen Einfluss der Pille oder anderer hormoneller Verhütungsmittel miteinbeziehen. Langfristig könnte so aber vor allem die stärker betroffene Gruppe der weiblichen Patientinnen auf eine neue Form der Schmerztherapie hoffen, die insbesondere die starken Schwankungen in der Schmerzintensität besser regulieren helfen könnte. Inwiefern eine hormonelle Therapie auch andere Symptome wie das Fatigue-Syndrom, das Restless-Legs-Syndrom oder psychische Beschwerden behandeln könnte, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

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